Erwin Miedtke, Rede zur Ausstellungseröffnung
„Monika Breustedt – Arbeiten auf Papier“
und „Ingrid Ripke-Bolinius – Porzellan“,
Kunstverein Osterholz-Scharmbeck, Gut Sandbeck 2017

 

Und mit Worpswede ist nun auch das Stichwort für Monika Breustedt gefallen. Denn beide Künstlerinnen haben dort 7 Jahre unter einem Dach in der alten Schmiede gearbeitet – bis 1998.
14 Jahre zuvor war Monika Breustedt als Stipendiatin der Martin-Kausche Ateliers nach Worpswede gekommen. Dann der Aufbruch – mit Ateliers auf Mallorca und später in Eckernförde. Und seit 1 Jahr lebt sie wieder in Worpswede – vor allm wegen der Menschen dort ist sie zurückgekehrt, zu denen die Beziehungen nie abgerissen sind. Künstlerisch war sie dort schon vorher mit Ausstellungen wieder präsent, wie zuletzt vor 2 Jahren mit der großen Werkschau zu ihrem runden Geburtstag im Alten Rathaus.

Diese Ausstellung fügte sich ein in eine Vielzahl von Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland, darunter auch mehrfach hier auf Gut Sandbeck.

Monika Breustedt zeigt von beute an eine repräsentative Auswahl aus der eigenen Sammlung. Sie bietet damit einen Einblick in die Entfaltung ihres zeichnerischen Werks und vermittelt zugleich auch einen Überblick über die wesentlichen Schaffensjahre und ermöglicht im Vergleich auch spannende Werk-Kombinationen.

Das älteste Bild datiert von 1981, das jüngste Bild mit dem Titel „Stillleben auf Tisch in Landschaft“ von 2013; es ist auch auf der Einladung zu sehen.

Ich selbst verfolge ihre Arbeit seit 1985. Damals habe ich 2 Ausstellungen für sie in Bremen eröffnet, davon eine in der Galerie 113, die ich als Geschäftsführer geleitet habe. Es ist somit für mich über diesen langen Zeitraum ganz wunderbar zu sehen, wie sehr Monika Breustedt in der Vielfalt ihres Werks ihren Sujets treu geblieben ist!

Auswahlkriterium für diese Ausstellung ist das Trägermaterial, das auch den Titel gibt „Arbeiten auf Papier“. Zu sehen sind Zeichnungen – Zeichnungen, die z.T. in ungewöhnlich lang andauernden Prozessen entstanden sind und die sowohl in der für Monika Breustedt typischen Präzision als auch in der rhythmischen und farblichen Dynamik ihres Zeichenstrichs unverwechselbar sind. Monika Breustedt ist, ich darf das wohl so sagen, eine genaue Arbeitern, die souverän ihre Materialien beherrscht. Alle Details sind ihr wichtig – bis hin zum Passepartout, das sich als neutrale Zone dem Bild anpassen muss.

Sie ist eine akademisch ausgebildete Künstlerin. In Bad Harzburg geboren, studierte sie

zunächst an der Werkkunstschule in Bielefeld und danach in Berlin an der Hochschule für Künste.

Seit den frühen Schaffensjahren arbeitet sie mit Farb- und Aquarellstiften. Aus zarten und kräftigen Strichen entwickelt sie ihre Sujets. Sie weiß genau, dass Farbe und Zeichnung eigensinnige Partner sind und sie nutzt diesen Kontrast.

Aus der Transparenz früher Farbstiftzeichnungen hat sie ihre Arbeiten zu einer kräftigeren, dunklen Farbigkeit entwickelt, die sich wie Putina über die Dinge legt und so auf einen tieferen Kontext verweist. Pastellkreiden, die sie in Verbindung mit Aquarell-Malerei eingesetzt, verdichtet sie im Übergang der Zeichnung zum Gemälde zu intensiven, vibrierenden Farbräumen von dunklem, verdichtendem Blau, über Violettabstufungen bis zu ganz lichten, nahezu transparenten Farbklingen.

Grundsätzlich ist bei Arbeiten auf Papier auch die Empfindlichkeit des Bildträgers zu bedenken. Die darauf entstehenden Zeichnungen gestatten tiefer gehende Einblicke in künstlerische Prozesse und technische Fertigkeiten. Sie geben aber auch unmittelbar einen Augenblick des individuellen Seelenlebens wieder: Jede Störung von außen würde die Dynamik des Zeichenstrichs stören.

Korrekturen sind in dieser Form kaum möglich. Kein anderes Verfahren offenbart künstlerische Fähigkeit und Talent so unverfälscht wie die Zeichnung.

Es ist Monika Breustedts hohe Kunst, aus gekonnt gesetzten Linien und Strichen in ihrer ganz eigenen Bildsprache eine perfekte Komposition zu entwickeln. Ihre Motive sind Stillleben, Landschaften, Architekturszenen, Interieurs sowie auch kalligraphische Arbeiten

Von diesen letzteren sind hier auch 3 Arbeiten zu sehen. Diese Text-Bilder zeigen einen ganz besonderen Schaffensprozess, bei dem sich in mehreren Phasen Aquarell und Schrift überlagern, wobei der Text bewusst lesbar bleibt. Ausschnitthaft verkürzt nutzt die Kinstlerin die von ihr zitierten Texte als Reibungsfläche und Impulsgeber künstlerischen Gestaltens. Zu den Texten hat sie stets auch eine besondere literarische Beziehung. So ist z.B. die Silhouette der Villa Mansi im toskanischen Lucca mit einem Text aus Heinrich Heines Reisebildern unterlegt.

Die Motive ihrer Küchenstillleben sind scheinbar von Neutralität gekennzeichnet. Man könnte diese als arrangiert betrachten, als Formen, die in einer gewissen akademisch-kompositorischen Strenge angeordnet sind. Dahinter steckt aber die besondere künstlerische Herausforderung, der sich Monika Breustedt stellt. Sie hat nicht die Absicht, ein realitätsgetreues Abbild der Dinge, der Landschaft, der Architekturszenen zu geben, sondern künstlerisch umzusetzen, welches Bild sie davon geben will, es so umsetzt und es in Formen zeichnet. Sie lässt uns teilhaben, wie sie die Dinge nicht nur sieht, sondern wie sie sie fühlt in einem Wechselspiel von Abbild und Wirklichkeit, wobei sie sich korrespondierend intensiv mit der Darstellung von Raum, Zeit und Perspektive auseinandersetzt.

Auch bei Monika Breustedt gibt es den Betrachter, sie denkt ihn von vornherein mit. Die aus ihrer Hand abgebildeten Dinge sind nach ihrer Aussage „Träger magischer Spuren der sie umgebenden Wirklichkeit“. Die Dinge sind also nicht nur da, sondern sie haben auch etwas zu erzählen.

Für diese Situation hält sie im Bild jede Bewegung, auch die des Lichts, an. Wir können das ganz wunderbar im Schattenspiel des Bildes „Stillleben auf Tisch in Landschaft“ erkennen. Die Quelle des darauf liegenden Lichts ist außerhalb des Bildes. Es ist ein handelndes, zielgerichtetes Licht, das in der dramatischen Helldunkel-Modellierung die Funktion hat, die der Szene zugeschriebenen Gedanken zu offenbaren. So wird unser Blick auf die intensive Wirkung dieser magisch angelegten Komposition Konzentriert, deren Gedankenraum sich ganz weit spannen lasst; es geht in ihrem Werk um

  • die Wahrhaftigkeit des Augenblicks,
  • aber auch um Leben und Vergänglichkeit.
  • Es geht um magische Zuschreibungen bis hin zu der konkreten Frage, wo sind die Menschen, für die dieser Tisch hergerichtet wurde?
  • Und es geht auch um Einsamkeit als Konstante, die sowohl um das Sujet als auch zwischen Künstlerin und Betrachter steht.

Meine Damen und Herren, Monika Breustedt arbeitet in einem immer währenden Zyklus künstlerisch gegen das Vergängliche an. Sie hebt für uns mit ihren Bildem Zeit auf.

Nehmen Sie das bitte als hohe Aufforderung mittels ihrer Kunst, Dinge anders und damit neu zu sehen.

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